Gegen Ende seines Lebens wählte Tamerlan seinen Enkel Muhammad Sultan, den Sohn seines ersten Sohnes Jahangir, als Thronfolger. Dieser galt als sehr gebildeter Mann und war ein guter Krieger. Nach seiner Ernennung zum Nachfolger Timurs liess Muhammad Sultan in Samarkand eine Medrese sowie eine Chanaqa (eine Herberge für Derwische) bauen. Die beiden Gebäude lagen einander gegenüber und waren damit im Kosh-Stil angeordnet. In der Medrese wurden die Kinder und Enkelkinder der königlichen Familie ausgebildet. Da die Kinder auf ihre Zukunft als Herrscher vorbereitet wurden, bestand die Ausbildung nicht nur aus Theologie und der Scharia, sondern auch Fächern des weltlichen Lebens. Die Medrese war bis ins 17. Jahrhundert aktiv. Die Chanaqa wurde bereits früh nicht mehr als traditionelle Unterkunft genutzt; beherbergt wurden vor allem angesehene Geistliche, reiche Kaufleute und Staatsgäste. Beide Gebäude haben den Wandel der Zeit nicht überstanden; heute sind nur noch die Grundmauern zu sehen.

Die Geschichte des Gur-Emir-Mausoleums

Muhammad Sultan wurde im Jahre 1403 während einer Kampagne in Kleinasien (der heutigen Türkei) ermordet. Amir Timur, schockiert über den Tod seines Enkels und Nachfolgers, befiehlt den Bau eines Mausoleums. Als die Leiche des Thronfolgers nach Samarkand gebracht wurde, beschliesst Timur, ihn an dem Ort zu begraben, der durch die Medrese und die Chanaqa bereits mit dem Namen seines Enkels in Verbindung gebracht wurde.

Gur-emir Mausoleum Samarkand

Der Bau des Mausoleums begann 1403 und bereits ein Jahr später war das Gebäude beinahe fertiggestellt, nur noch die Verkleidung fehlte. Zu dieser Zeit unternimmt Timur eine Kampagne nach China; es sollte seine letzte werden. Trotz seines Alters beginnt er seinen Feldzug im Winter. Bei anhaltendem Frost erkältet er sich und stirbt schliesslich an den Folgen einer Lungenentzündung in der Stadt Otrar (heute Turkestan in Kasachstan). Seine Leiche wird nach Samarkand gebracht und obwohl er in seiner Heimatstadt Shahrisabz beerdigt werden wollte (und bereits eine Gruft hatte vorbereiten lassen) beschliesst seine Familie, ihn neben seinem Enkel Muhammad Sultan im Gur-Emir-Mausoleum zu bestatten.

Nach Timurs Tod übernimmt sein vierter Sohn Shahrukh das Reich seines Vaters und setzt seinen Sohn Ulugbek als Statthalter in Transoxanien ein. Unter der Leitung von Ulugbek wird das Eingangsportal des Mausoleums fertiggestellt.

Die Gräber im Gur-Emir-Mausoleum

Das Gur-Emir wird zu einem Familiengrab. Insgesamt gibt es 9 Gräber: neben Timur selbst sind hier zwei seiner Söhne (Shahrukh und Miranshah), zwei seiner Enkel (Ulugbek und Muhammad Sultan) sowie zwei seiner Urenkel (die Söhne von Ulugbek) bestattet. Daneben fand auch Timurs geistiger Mentor Mir Said Baraka im Mausoleum seine letzte Ruhestätte. In einer Nische gibt es zudem die Grabstätte eines weiteren Geistlichen. Dieses Grab befand sich bereits vor Bau des Mausoleums an dieser Stelle und durfte nach muslimischer Tradition nicht angefasst werden.

Trotz all dieser wichtigen Person der Timuriden-Dynastie wird das Mausoleum grundsätzlich nur als Timurs Mausoleum bezeichnet.

Gur-emir Eingang

Die Legende von der Graböffnung des Gur-Emir-Mausoleums

Am 19. Juni 1941 stieg eine Gruppe von Archäologen und Wissenschaftlern unter der Leitung des sowjetischen Anthropologen Gerasimov und des usbekischen Wissenschaftlers Karaniyazov in den Keller des Mausoleums und öffnete die Gräber der Krypta. Sie konnten bestätigen, dass die Gräber zum ersten Mal seit 500 Jahren geöffnet wurden. Überraschend war die Tatsache, dass Amir Timur in einem Sarg beerdigt war, da dies nicht der muslimischen Tradition entspricht.

Die Autopsie zeigte, dass Timur 172 cm gross war. In historischen Quellen wird er immer als sehr gross gewachsen beschrieben. Obwohl seine Grösse für das 14. Jahrhundert effektiv überdurchschnittlich war, ist dies aber auch der Tatsache geschuldet, dass er sich vor seinen Soldaten stets zu Pferd präsentierte.

Weitere Untersuchungen zeigten Verletzungen am rechten Knie sowie am rechten Ellenbogen. Dies bestätigte, dass Timur teilweise gelähmt war und deswegen in historischen Quellen auch Timur Lenk (Timur der Lahme) genannt wurde. Ausserdem war sein rechter Zeigefinger verstümmelt und auf seiner Stirn zeigte sich eine grosse Narbe. All dies waren Zeichen, dass Timur ein tapferer Krieger war.

Als Ulugbeks Grab geöffnet wurde, bestätigte sich sofort, dass er nicht eines natürlichen Todes gestorben war: Sein Kopf lag nicht auf, sondern neben seinem Körper. Ausserdem wurde er in der Kleidung bestattet, die er bei seinem Tod getragen hatte. Damit wurde der muslimischen Tradition gefolgt, die dieses Vorgehen im Falle eines unnatürlichen Todes fordert.

Die Überreste von Timur und Ulugbek wurden für weitere Untersuchungen und zur Erstellung von Modellen ihrer Schädel nach Moskau gebracht, wo sie etwa 1.5 Jahr blieben.

Die Graböffnung war äusserst umstritten. Der Legende nach sollte etwas Schlimmes passieren, wenn das Grab geöffnet wurde. Eine Inschrift auf dem Grab spricht davon, dass die Welt erzittern solle, wenn das Grab geöffnet werde. Tatsächlich marschierte Nazi-Deutschland am Tag nach der Autopsie in die Sowjetunion ein. Die lokale Bevölkerung forderte, dass die Leichen wieder in das Mausoleum gebracht werden, da sonst Timurs Geist nicht ruhen könne.

Im Dezember 1942 wurden die Überreste nach Samarkand zurückgebracht und kurz darauf konnte die sowjetische Armee die erste Schlacht in Stalingrad gewinnen, wodurch der Krieg eine entscheidende Wende nahm. Nach lokalem Glaube wurde dieser Sieg erst durch die Rückführung des Herrschers ermöglicht.

Für Timurs erneute Beerdigung wurde eine Kommission einberufen, welche entschied, Timur nicht mehr in den Sarg, sondern nach muslimischer Tradition direkt auf den Boden des Grabes zu legen. Der Sarg wurde dem staatlichen Museum für Geschichte und Kultur in Samarkand übergeben.

Samarkand Gur emir Nacht

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